Der Sieg des Islam

von Edward Gibbon

Über

Berühmt geworden ist Edward Gibbon durch seine monumentale Geschichte des Verfalls und Untergangs des Römischen Reiches -- sechs Bände, erschienen zwischen 1776 und 1788, insgesamt 3.000 Seiten stark. Das Außerordentliche des Werkes ist jedoch nicht der schiere Umfang, sondern die Zeitspanne, die Gibbon überblickt: Vom Tod des Kaisers Mark Aurel (180 n. Chr.) reicht seine Darstellung bis zur Eroberung Konstantinopels durch die Türken im Jahr 1453. Und damit ist man beim Islam: Um den Niedergang des byzantinischen Reiches verstehen zu können, holt Gibbon im letzten Drittel seines Opus magnum noch einmal weit aus und schildert, beginnend mit dem Leben Mohameds, den Aufstieg der Muslime.

Im Wortlaut der alten Übersetzung von Johann Sporschil (1862) sind diese Kapitel nun in Enzensbergers Die Andere Bibliothek erschienen, ergänzt um einen Essay des Orientalisten Reinhard Schulze zum geistesgeschichtlichen Hintergrund von Gibbons Historiografie. Ein tieferes Verständnis des Islam als Religion darf man sich bei der Lektüre jedoch nicht erwarten: Als Zeitgenosse von Voltaire und Hume war Gibbon von der Philosophie der Aufklärung geprägt. Sein empirisch-säkularer Blick galt deshalb ausschließlich den "harten Fakten": Eroberungen, Schlachten, Lebensdaten usw.

Heute mag das manchmal langatmig und trocken wirken. Doch gerade sein kritischer Umgang mit den Quellen -- Gibbon, der selbst nie in Arabien war, konnte sich bei der Arbeit nur auf die unzuverlässigen Berichte anderer Autoren stützen -- hat den Engländer zu einem Pionier der heutigen Geschichtsschreibung gemacht. Lesenswert ist das schön ausgestattete Buch deshalb vor allem als Dokument der Wissenschaftsgeschichte. --Bernhard Wörrle

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