Der kalte Hauch der Nacht

Roman, Detektivgeschichte von Ian Rankin

Über

Keine Superhelden, keine Action, kein geradliniges Erzählen -- dennoch oder gerade deswegen ist dem Schotten Ian Rankin ein großartiger Kriminalroman gelungen, der durchaus einen "mankellartigen" Erfolg auf dem deutschen Buchmarkt verdient hätte. Rankin komplettiert den Kreis neuer glänzender britischer Krimi-Erzähler wie Reginald Hill, Val McDermid und Mo Hayder und stellt deren Extraklasse erneut unter Beweis.

Rankins Helden sind -- ob jung oder alt -- bereits vom Leben angefasste Menschen. Ob im Trott des Alltags gefangen, desillusioniert, ohne Selbstbewusstsein oder mit den unterschiedlichsten Defekten geschlagen, kämpfen seine Figuren um ihr Leben, kultivieren ihren Ehrgeiz, ihr Gerechtigkeitsempfinden oder ihre Rachsucht. Dies alles unter einem ewig düster verhangenen bleigrauen Himmel in einem verregneten Edinburgh.

Inspektor John Rebus sieht sich mit einem merkwürdigen Fall konfrontiert. Auf der Baustelle des künftigen schottischen Parlaments wird eine mumifizierte Leiche gefunden, die bereits Jahrzehnte versteckt an ihrem Platz liegen muss und nicht identifiziert werden kann. Echte Brisanz gewinnt der Fall, als wenig später der designierte Labour-Abgeordnete Roddy Grieve am gleichen Ort ermordet aufgefunden wird. Grieve entstammt einer der prominentesten und exzentrischsten schottischen Familien. Rebus Chef setzt dem altgedienten und ob seiner ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden berüchtigten Inspektor den ehrgeizigen und karrieresüchtigen Derek Linford vor die Nase. Doch der erfahrene, vom Leben enttäuschte und alkoholkranke Rebus ist nicht gewillt, den jungen Aufsteiger gewähren zu lassen. Bald wird deutlich, dass groß angelegtes Spekulantentum und Korruption den Hintergrund der Morde bilden.

Set in Darkness lautet der Originaltitel des Romans. Und in der der Tat nutzt Ian Rankin das Genre zu einer großartigen Schilderung enttäuschter Illusionen in einer hoffnungslos düsteren Stadt. Das Genre gerät dem Autor nicht wie vielen seiner Kollegen zum Selbstzweck, sondern als hervorragendes Mittel eindrucksvoller Milieu- und Charakterstudien. Von einem solchen Roman lässt sich lange zehren! --Ulrich Deurer

Erschienen

2000

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