Divisadero

Fiktion von Michael Ondaatje

Über

Für Claire und Anna ist ihre Mutter Lydia Mendes nur ein Gerücht, “ein Gespenst, das unser Vater nur selten erwähnte“. Nur Cooper, der seit seiner Kindheit auf der Farm im Norden Kaliforniens arbeitet, hat sie gekannt, könnte erzählen von ihr. Aber Cooper, selbst Waise und vom Vater mehr schlecht als recht geduldet, ist ein schweigsamer Mensch. Farmer soll Cooper werden, hat der Vater beschlossen. Aber der liest lieber Bücher über Gold unter dem Gras der Prärie.

Leise aber stetig entwickelt der 64-jährige Schriftsteller Michael Ondaatje (Der englische Patient) seine verwaisten Figuren, ihre verzweifelten Konstellationen und Schicksale. Auf der Suche nach dem privaten Glück verliebt sich die einsame Anna in Cooper. Als der Vater hinter die Liaison kommt, prügelt er Cooper auf brutalste Art und Weise vom Hof. Statt als Goldsucher wird er sich später als Profi-Pokerspieler verdingen. Anna geht nach Südfrankreich; allein Claire bleibt daheim, wo sich ihr Weg mit dem von Cooper nochmals kreuzt. Außenseiter und Getriebene, verlorene Seelen sie alle, getragen und verknüpft nur durch den melancholischen Tonfall von Ondaatjes grandioser Erzählung.

„Wir begriffen, dass seine Schweigsamkeit nicht aus einem Wunsch nach Alleinsein herrührte, sondern aus Unsicherheit gegenüber den Wörtern“, heißt es in Divisadero über Cooper. „Gewandt war er in der Welt materieller Dinge, in der er uns beschützte. Aber in der Welt der Sprache war er unser Schüler.“ In der Welt der Sprache, möchte man sagen, ist Ondaatje der uneingeschränkte Meister. So jedenfalls, wie er in Divisadero mit Wörtern seine Figuren und ihre Beziehungen entwickelt, macht ihm so leicht niemand etwas vor. -- Isa Gerck, Literaturanzeiger.de

Erschienen

2007

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