Mein schönes Leben als Junkie

von Muriel Scheu

Über

«Beim Gedanken an die Todesstrafe wird der Atem flacher, und der Puls steigt. Die Mischung aus Risikolust, Beklemmung und Erwartung erregt. Mein Körper pumpt wuchtige Adrenalinschübe in jede Zelle, die Nerven sind fast zum Zerbersten gespannt, mein Herz kreist stoßend wie eine Schiffsschraube. Hunde jaulen und heulen in der tropischen Nacht, ein seidiger Luftzug, der etwas von weichem Leder hat, streift meine Gesichtshaut, auf der der Schweiß perlt.
Rumpeln, Quietschen, Widerhall – nur wir sind auf der Straße. Sämtliche Häuser sind geschlossen, die Rollos sind zu, die Läden und Geschäfte verrammelt. Wir fahren durch die Chulia Street, biegen ab in die Gasse, in der tagsüber heruntergekommene Südinder und Malayen mit allem dealen, was illegal ist, und verlieren uns im Labyrinth der engen Gassen. Vor einer steilen Leiter hält unser Fahrer an. Mein Herz klopft bis zum Hals. Ein Blick nach links, ein angespanntes Blinzeln nach rechts – alles in Ordnung. Niemand ist uns gefolgt.
Ich klettere, so schnell es geht, die schmale Stiege hoch. Es ist fast stockdunkel. Ich hole tief Luft und öffne mit einem Ruck die halbvermoderte Tür. Augenblicklich schlägt mit der typische, unverkennbare, die Sinne kitzelnde Duft entgegen, vergleichbar mit nichts anderem auf der Welt. Gierig bleibe ich mit bebenden Nasenflügeln stehen, sauge den Geruche des Opiums bis in die Spitzen meiner Lungen und lasse den Blick schweifen.»

Muriel Scheu raucht mit 14 Jahren ihren ersten Joint und spritzt sich nur zwei Wochen darauf das erste Mal Heroin – und von diesem Moment an dominieren die Drogen ihr turbulentes Leben.

Sie feiert mit Bob Marley, arbeitet für den Regisseur Peter Bogdanovich in Malaysia, teilt ihr Apartment mit den Toten Hosen, setzt Billy Idol seinen ersten Schuss und konsumiert jede verfügbare Droge, von Haschisch über Kokain bis hin zu Heroin. Muriel Scheu erzählt ohne Scham: von LSD-Trips in der Hitze Singapurs, von der Liebe mit einem Unbekannten in einer Opiumhöhle im malaysischen Dschungel, von den Höhen des Rausches und den Tiefen der Abhängigkeit – und vom qualvollen Entzug.
Auch als sie längst ein bürgerliches Leben führt, bestimmt Heroin ihren Alltag. Erst nach Jahrzehnten schafft sie es, Abstand zu den Drogen zu bekommen.

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