Nachtmarsch

Biografie von Rich Cohen

Über

"Wir töten sechs Millionen Deutsche!" -- Was heute wie die Wahnvorstellung Irrer klingt, ist kurz nach dem Zweiten Weltkrieg die erklärte und verständliche Absicht eines Häufleins das NS-Regime überlebender Juden, die sich die "Rächer" nennen. Ihr Anführer ist Abba Kovner, Anfang der 40er-Jahre die Lichtgestalt der Wilnaer Partisanen, die vergebens versuchen, die überwiegend sich in ihr Schicksal fügenden Ghettobewohner jener litauischen Stadt gegen den Naziterror zu mobilisieren. Es bleibt nur die Flucht in die nahen Wälder und die Sabotage feindlichen Kriegsnachschubs. Mit zwei vertrauten Mitkämpferinnen, Vitka und Ruzka, erlebt Abba das Kriegsende und erfährt dann das wahre Ausmaß der Vernichtung seines Volkes.

Die Rachepläne scheitern vermutlich an der Intervention höchster zionistischer Kreise, um das bevorstehende UNO-Plazet zur Bildung eines eigenständigen jüdischen Staates nicht zu gefährden. Abba und seine Gefährtinnen widmen sich nunmehr dem Aufbau des jüdischen Palästina, den nie verblassenden Hass gegen die Deutschen in den Hintergrund drängend. Rich Cohen ist ein US-amerikanischer Nachkomme der zweiten Generation. Seine Nacherzählung ist also nicht authentisch, aber dennoch wahr. Lange Jahre verbrachte er mit Gesprächen und deren Aufzeichnungen im Kibbuz der Überlebenden. Die Schilderungen der Vorkommnisse und Gräuel in Litauen sind ohne Pathos, schonungslos und gehen unter die Haut. Das Buch ist zum einen ein Zeugnis konkreten jüdischen Leides (aber auch Widerstands), zweitens ein Stück literarischer Journalismus von hoher historischer Dichte und darüber hinaus eine gelungene Verteidigung des Zionismus und der Existenz des Staates Israel (für alle, die angeblich keine Antisemiten sind, aber sehr wohl "Antizionisten"). Gut recherchiert und spannend geschrieben. Gerade heute: Pflichtlektüre! --Jürgen Grande

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