Typisch deutsch: Wie deutsch sind die Deutschen?

von Hermann Bausinger

Über

Auf dem Buchcover dreht sich ein Zwerg mit roter Zipfelmütze und Schaufel, wie er in jeden richtigen deutschen Vorgarten gehört, langsam um die eigene Achse. Das Bild ist vielsagend -- denn um Haltungen und Positionen, Vorder- und Rückseite geht es in diesem Buch.

Wie deutsch sind denn nun die Deutschen? Die kleine Abhandlung versucht sich tastend, sorgsam abwägend und zuweilen etwas ängstlich an einer Antwort und diskutiert erst einmal Sinn und Unsinn der Formel "typisch deutsch", bevor nationale Eigenheiten aufs Korn genommen werden. Die Liebe zum Auto gehört hierzu, die Vereinsmeierei und auch die Neigung zu enger, miefiger Wärme und Wohligkeit daheim, gepaart mit Abschirmung und Kälte nach draußen. Aber beschrieben wird auch weniger Verfängliches, Nationalgerichte beispielsweise, und auch die deutschen Tugenden wie Fleiß, Ausdauer, Ordnung, Zielstrebigkeit und Disziplin kommen zur Sprache. All das hat Hermann Bausinger sorgfältig aufgezählt und kritisch analysiert. Leider aber ist der emeritierte Professor für Kulturwissenschaft kein Erzähler und schon gar kein Humorist. Ach, welch grandiose Geschichten lässt er sich da entgehen und welch brisanten Stoff zum Lachen oder Weinen, je nach Charakter und nationaler Prägung, enthält er uns, den Lesern, vor. Es gibt Geschichten, die liegen sogar sprichwörtlich auf der Straße, im Buch aber finden sich nur Hinweise darauf. Da wird dann lediglich die Washington Post mit der Überschrift "Angst on the Autobahn" zitiert und ein paar Sätze weiter ein Verkehrspsychologe mit der Auskunft, dass es deutsche Autofahrer als persönliche Niederlage betrachten, überholt zu werden.

Bausinger will richtig stellen, aufklären; und das gelingt ihm. Historische Exkurse legen die Wurzeln für manch eine nationale Marotte frei. Pauschalurteile, so vermerkt er zu Recht, sind häufig bloß "Kontrastbilder zum eigenen Erfahrungshintergrund". "Die Abweichung von der eigenen Norm erregt die Aufmerksamkeit." Am Ende bleibt festzuhalten: Ein durchdachtes, sehr korrektes Buch, dem es leider an Lockerheit und Spritzigkeit fehlt -- typisch deutsch eben. --Holger Heimann

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