Berlin Interiors

by Eric Laignel, Ingeborg Wiensowski

Blurb

Unter den europäischen Metropolen gilt Berlin kaum als schön, niemals als reich, wohl aber oft als interessant. Berlin ist die Stadt der großen Brüche. Die alte, neue Hauptstadt lebt von einer ganz eigenen Aufbruchstimmung. Es gibt sicher viele Möglichkeiten, diese einzufangen. Eine der besten ist es, die Bewohner der Stadt zu porträtieren und, wie in diesem Band geschehen, ihre intimsten Räume, ihre Wohnungen, zu erkunden.

In der Reihe Interiors & Savoir Vivre des Taschen Verlags sind u. a. bereits Bände zu Städten wie London, Paris und New York erschienen. In dem Buch zu Berlin hat man versucht, durch die Auswahl der porträtierten Mieter und Eigentümer einen möglichst kontrastreichen Querschnitt zu erreichen. Lediglich Galeristen, Architekten und Interior-Designer scheinen etwas überrepräsentiert, was allerdings für Berlin durchaus kennzeichnend ist. Davon abgesehen, könnten die Kontraste größer nicht sein. Neben Berliner Prominenz wie der Projektentwicklerin Anne Maria Jagdfeld, dem Starfriseur Udo Walz, dem Entertainer Max Raabe und dem Love-Parade-Gründer Dr. Motte finden sich das Interieur der Hure Molly Luft, ein Schrebergarten und auch Mietwohnungen ganz normaler Berliner.

Die Farbaufnahmen von Eric Laignel besitzen die hohe Qualität, die man vom Taschen Verlag kennt. Sie zeigen die (offensichtlich für das Shooting aufgeräumten) Innenräume, jeweils eingeleitet von einem kurzen, höflichen Text zur Geschichte des Porträtierten und seiner Wohnung. Diese Porträts sind immer wieder durchsetzt mit wunderbar grobkörnigen Schwarz-Weiß-Fotografien aus Berlins Geschichte, und dabei natürlich auch aus den wilden 20er-Jahren.

Je länger man sich durch die Lebensgeschichten und Inneneinrichtungen liest, desto mehr spürt man die Atmosphäre des Berlins der 90er-Jahre. Sie bewegt sich irgendwo zwischen dem verrückten, überbordenden Sammelsurium allen Kitsches in der Wohnung der Künstlerin Laura Kikauka, dem mondänen Schwimmbecken der Lofts von Corinna Hoffmann über den Dächern von Berlin-Mitte und den kartenspielenden Männern des türkischen Vereinslokals in Kreuzberg. Genüsslich registriert man die Antiquitäten der 20er- und 30er-Jahre und die wohl sortierte Hausbar in Max Raabes kühlem Loft. Ordnung und Unordnung, die Auswahl von Kunstgegenständen und Möbeln, der Zusammenklang von Farben und viele andere Details erzählen die Geschichten der Menschen und ihrer Räume.

Berlin Interiors ist mehr als nur ein Bildband mit Innenaufnahmen. Es ist ein Berlin-Buch, in dem man mehr über diese Stadt erfährt als aus den meisten textlastigen Beschreibungen. Dazu muss man allerdings die Muße und die Konzentration aufbringen, in den Bildern zu lesen. Es lohnt sich. --Holger Gantz

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