Kühl graut der Morgen: Roman (Unterhaltung)

von Kristín Marja Baldursdóttir

Über

"Kein Gramm nachgeben", das ist Thórsteinas Motto. Die Lehrerin an einer isländischen Schule ist mitten in den Wechseljahren, lernt ungern neue Menschen kennen, bekocht nie einen Liebhaber und ist stinkreich. Atli, der junge Mathematiklehrer, der so aussieht, "als sei er gerade erst vom Himmel gefallen", wirbelt ihr Leben gründlich durcheinander.

Es ist eine ganz ausgekochte Mischung aus Witz, unwiderstehlichem Charme, kesser Zickigkeit und nicht übel zu nehmender Selbstverliebtheit, die da auf den Leser losgelassen wird. Manchmal entwaffnend, manchmal fast schockierend, manchmal lacht man auch einfach nur spontan laut los: Da schreibt eine Frau ganz so, wie ihr -- pardon -- der Schnabel gewachsen ist. Kristín Marja Baldursdóttir, isländische Journalistin und seit ihrem Roman Möwengelächter keine Unbekannte, formuliert mit scharfer Klinge -- und es scheint ihr diebische Freude zu bereiten. Und das muss ja abfärben.

Hinreißend ist der vorprogrammierte und Thórsteina ganz aus dem Konzept bringende Flirt mit dem 17 Jahre jüngeren Atli: "Ein Zustand, der nur mit chemischen Ursachen erklärt werden kann". Er "mobilisiert" ihre Eitelkeit, und im Kreise mit ihren Freundinnen erinnert die Szene gewaltig an den Coca-Cola-Mann: "Wir schlürften seine Jugend in uns hinein". Atli wiederum gerät in die pubertären Schleudergänge seiner Schülerinnen: "Die kleinen Biester machen sich an mich ran".

Übrigens, Thórsteina, mit so blühender Fantasie und fundiertem Wissen über Männer ausgestattet, sammelt in ihrer Freizeit Wörterbücher. Ihre Begründung: "...ich lese nicht den Unsinn, den andere Leute verzapfen". Das findet hoffentlich keine Nachahmer. --Barbara Wegmann

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