An einem Tag wie diesem

Roman von Peter Stamm

Über

Wer hätte nicht schon mit dem Gedanken gespielt: Alles aufzugeben und das alte Leben hinter sich zu lassen. Aber es kommt nie dazu. Vielleicht folgt man deshalb so interessiert Andreas, dem Schweizer Lehrer in Paris, als der von einem Tag auf den anderen seine Stelle kündigt, die Wohnung verkauft und die ohnehin spärlichen sozialen Kontakte abbricht. Auslöser ist eine medizinische Untersuchung, deren vermeintlich fatales Ergebnis er aber gar nicht abwarten möchte.

Als ein Widergänger von Albert Camus’ Meursault begegnet uns Peter Stamms Anti-Held, so gut hatte er sich eingerichtet in seiner kleinen, ereignislosen Existenz: "Er war zugleich Statist und Zuschauer eines imaginären Films, ein Tourist, der seit bald zwanzig Jahren durch diese Stadt ging, ohne je ganz anzukommen. Er mochte diese Rolle, hatte nie etwas anderes gewollt." Durch die überstürzte Flucht aus dem alten Leben wird Andreas aber nun unweigerlich zum Akteur, der handeln muss. Mit Delphine an seiner Seite -- eine junge Kollegin, mit der er gerade eher lustlos eine Affäre begonnen hat -- reist er in sein Heimatdorf, zu einer Frau, in die er als junger Mann verliebt war. Ihm fehlte damals der Mut, sie heiratete einen seiner Freunde. Immer noch plagt ihn die Frage, ob sein Leben mit ihr nicht vielleicht ganz anders hätte verlaufen können.

An Peter Stamm scheiden sich bereits seit seinem Aufsehen erregenden Debütroman Agnes die Geschmäcker. Den einen ist das sprachlich und inhaltlich zu karg. Die anderen müssen feststellen, dass von den unscheinbaren Geschichten, und wie federleicht sie geschrieben sind, eine beträchtliche Faszination ausgeht. Auch An einem Tag wie diesen kann man kaum vor dem Ende aus der Hand legen, und gleichzeitig fragt man sich aber, wie dieser Schweizer Schriftsteller das eigentlich macht.

Der Schluss des Romans ist naturgemäß kein so glücklicher, wie es auf den ersten Blick scheint und auch der Klappentext suggeriert. Wie es mit Andreas’ Leben weitergeht bleibt offen, aber man ahnt, dass man nicht in ein neues Leben fliehen kann, dass einen das alte immer wieder einholen wird. --Christian Stahl

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