Trocken!

Memoiren von Augusten Burroughs

Über

Vor nicht allzu langer Zeit konnten wir über Augustens Jugendjahre unter dem mehr als treffenden Titel Krass! lesen -- eine irritierende, aber überaus amüsante Leseerfahrung, wie wir uns erinnern. Der schwule Klemmie und TV-Junkie Augusten war als 12-Jähriger von seiner Künstlermama kurzerhand in die Obhut ihres Therapeuten abgeschoben worden. Das bizarre Erziehungsmodell dieses „Mad Scientist“ ließ nichts Gutes ahnen. Und richtig -- das Ergebnis liegt nun vor: Augusten Burroughs, inzwischen ein As in der Werbebranche, hat ein gewaltiges Problem: Das Apartment des Werbetexters, der mal eben 200.000 Dollar im Jahr heimträgt, gleicht einer Annahmestelle für Leergutflaschen. Hochprozentiges, versteht sich! Dies bleibt auch in der Agentur nicht lange verborgen. Höchste Zeit also für den Trockengang.

Das Prinzip, Tragisches knallhart komisch zu servieren, funktionierte schon im ersten Band. Trotzdem lastete man Krass! damals den Vorwurf der Pädophilie, sowie der allzu drastischen Darstellung homosexueller Praktiken an. Doch auch jetzt denkt Burroughs nicht im Traum daran, den Dämon Alkohol bierernst (man verzeihe!) zu verteufeln. Dass Augusten im Vollsuff spätnachts einen Werbekunden anrief, um ihm lallend Telefonsex anzubieten, verbuchte die Agenturchefin noch als peinlichen Ausrutscher. Als er jedoch eine wichtige Präsentation im Bett delirierend verpennte, war klar: Alkoholentzug oder Job. Willkommen also im „Proud Institute“, DER therapeutischen Topadresse für schwule Alkoholiker. Augusten will doch clean werden -- oder?

Die versprochene Spitzenklinik, Zufluchtsstätte gebeutelter Stars, entpuppt sich als bessere Baracke. Augusten der coole Medienprofi, fühlt sich in einen grausigen Sketch aus „Saturday Night Live“ versetzt. Aschfahle Wracks scharen sich um ihn. Der sexsüchtige Kavi, Augustens „Pate“ während des Entzugs, scheint an dem Neuankömmling mehr als Gefallen gefunden zu haben. Und überall verständnisvoll flötende Therapeuten, deren Psychoschnack einen in den Wahnsinn treibt. Das Kuckucksnest lässt grüßen. Und weit und breit kein Scotch.

Nach einem Monat ist der Spuk vorüber. Augustens neues Leben beginnt. Doch als erstes ausgerechnet eine Werbeaktion für eiskaltes würziges Bier? Augusten merkt, nun fangen die Probleme erst richtig an. --Ravi Unger

Erschienen

2003

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